An jedem Tag treffen wir hunderte, wenn nicht gar tausende Entscheidungen. Manche sind sehr unscheinbar und oft unbewusst („Was frühstücke ich heute?“), manche schon konkret auf einen Anlass bezogen („Was ziehe ich zu dem Termin an?“) und manche Entscheidungen erscheinen uns von vornherein von sehr großer Bedeutung („Verkaufe ich mein Unternehmen?“).
Vielleicht schon bei den kleineren Entscheidungen aber auf jeden Fall bei den größeren werden wir als vernunftbegabte Menschen das Für und Wider abwägen und sogar andere um Rat bitten, bevor wir unsere Entscheidung treffen. Und vielleicht werden wir auch auf Zeichen achten.
Der Weg zur Entscheidung
Zeichen? Ja, Zeichen. Ok, der Begriff ist durchaus symbolisch gewählt für all jene Impulse, die wir auf unserem Entscheidungsweg erhalten und wahrnehmen.
Als ich zum Beispiel vor einiger Zeit vor der Entscheidung stand, ob ich für die Einstellung eines neuen Mitarbeiters eine neue Stelle schaffe, lief ich nach dem Vorstellungsgespräch jenes Mitarbeiters abends durch die Regensburger Innenstadt nach Hause. Es war bereits dunkel und als ich erneut das Für und Wider durchging, kam mir ein Altstadtbus mit der hell leuchtenden Aufschrift „Bitte nicht einsteigen!“ entgegen. Ein Zeichen, den Mitarbeiter nicht einzustellen oder vielleicht einfach nur ein Bus, der genauso Feierabend hatte wie ich?
Ein weiteres Beispiel: Freunde von mir – ebenfalls selbständig – hatten eine schwere Phase in ihrem Unternehmen. Durch Corona alles kompliziert, zu viele Rechnungen, die reinkamen und zu wenige, die rausgingen. Viele Unternehmer kennen solche Phasen. Einer der beiden schrieb dann irgendwann, dass sie neuen Anschub durch einen Spruch einer Unternehmensberaterin erhalten hätten, der in etwa so ging: „Das Geheimnis des Erfolgs? Nicht aufgeben!“ Ich musste dabei spontan an ein Bild denken, das früher im Arbeitszimmer meiner Eltern hing: Ein Frosch im Schnabel eines Vogels, der mit seinen Händen den Hals des Vogels zuhielt, damit dieser ihn nicht hinunterschlucken konnte und darunter die Worte „Niemals aufgeben“.
Dass Erfolg voraussetzt, nicht aufzugeben, ist nun alles andere als eine bahnbrechende Erkenntnis. Und Busse mit Leuchtanzeigen treffen wir auf unserem Weg durch Städte mitunter sehr viele.
In beiden Fällen ist aber etwas passiert, wodurch die Worte über ihren recht banalen Aussagegehalt hinaus für die jeweilige Person eine besondere Bedeutung erlangt haben. Sie wurden zu „Zeichen“.
Zeichen sind also ein bestimmter Aussagegehalt, der uns in einem bestimmten Moment begegnet und gerade durch die Kombination mit dem Moment eine besondere Bedeutung erhält.
Zeichen als Indiz für mehr
Diesen Beitrag könnte man nun sehr leicht mit esoterischen oder theologischen Inhalten fortführen. Nun bin ich aber anwaltlicher Unternehmensberater, was einen gewissen Pragmatismus mit sich bringt. Unabhängig davon, ob hinter solchen Zeichen blanker Zufall oder göttliche Fügung steckt, sind sie für mich einfach ein sehr wichtiges Indiz. Und zwar allein aus dem Grund, dass wir für sie empfänglich sind, sie wahrnehmen und sie für unsere jeweilige Situation zu interpretieren bereit sind. An dem Bus könnte man schließlich auch einfach vorbeilaufen, die Anzeige nur im Augenwinkel wahrnehmen und sie dann als Betriebsstandard abhaken.
Wenn wir aber wahrnehmen und interpretieren anstatt vorbeizulaufen und abzuhaken, ist allein dieser Umstand von Bedeutung. Er ist ein Indiz dafür, dass ein Entscheidungsvorgang von einer gewissen Tragweite abläuft. Und dafür, dass wir im Innersten bereits eine Entscheidung getroffen haben.
Diese beiden Erkenntnisse können überaus hilfreich sein.
Bauchgefühl und Logik
In der Neurowissenschaft ist längst erforscht, dass die Entscheidungsfindung zunächst innerhalb von Sekunden oder gar Sekundenbruchteilen im limbischen System abläuft – jenem urzeitlichen Kern unseres Verstandes, der auch gerne als das „Bauchgefühl“ bezeichnet wird. Unser Großhirn mit all den angelernten und erfragten logischen Argumenten liefert dann häufig nur noch die Begründung nach.
Sowohl Bauchgefühl als auch logische Argumente haben ihre Berechtigung. Beides sollte man sich zunutze machen.
Vor einiger Zeit gab mir ein Freund einen Ratschlag, der mir seitdem schon oft gute Dienste geleistet hat: „Wenn du zweifelst, dann lass es!“ Der Freund erzählte hierbei die Geschichte eines Bekannten im Management eines der großen Tabakkonzerne. Der Bekannte hatte über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eines neuen leitenden Mitarbeiters über die Probezeit hinaus – oder eben alternativ eine Probezeitkündigung – zu entscheiden. Es gab pro und contra. Der Mitarbeiter hatte viel Potential, es gab aber auch einige Punkte, die Anlass zu Zweifeln gaben. Der Bekannte fragte einen Kollegen aus einer anderen Abteilung des Unternehmens um Rat. Der Rat lautete „Wenn du zweifelst, dann lass es!“ Er solle den Mitarbeiter entlassen. Wenn jetzt in der Probezeit schon Zweifel da seien, würden sich diese später zu ernsthaften Problemen auswachsen. Der Bekannte folgte dem Rat nicht. Er sah vor allem das Potential des Mitarbeiters. Und er hat seien Entscheidung später bitter bereut. Denn aus den Zweifeln wurden sehr ernsthafte Probleme.
Tatsächlich ist es so, dass Zweifel oft mit kleinen, teils unterbewussten Wahrnehmungen zusammenhängen, die wir in unserem limbischen System längst verarbeitet haben aber in unserer logischen Entscheidungsfindung nicht eindeutig benennen können. Diese Wahrnehmungen sind jedoch sehr wertvoll und können uns vor fatalen Fehlentscheidungen bewahren.
Zweifel haben eine Richtung
Für mich ist es aber wichtig, zu unterscheiden, welche Form des Zweifelns vorliegt. Denn Zweifel per se sind – jedenfalls für mich als kritischen Geist – allgegenwärtig und können in beide Entscheidungsrichtungen deuten.
Maßgeblich ist für mich daher, ob die Zweifel mit der Suche nach logischen Argumenten FÜR oder GEGEN eine bestimmte Entscheidung verbunden sind. Diese Unterscheidung zeigt uns letztlich, wofür oder wogegen sich unser limbisches System bereits entschieden hat. Suchen wir Argumente dafür, dass der Mitarbeiter eigentlich bleiben soll, dann will unser Bauchgefühl ihn eigentlich schon loswerden („Eigentliche habe ich Zweifel, aber er hat doch so viel Potential.“). Oder suchen wir z.B. Argumente für die Geschäftsaufgabe, dann hat sich unser Buchgefühl schon für das Weitermachen entschieden („Ich will zwar weitermachen, aber die Zahlen sprechen eigentlich dagegen.“).
Dies ist für mich eines der wertvollsten Zeichen, das man von seinem Verstand bekommen kann. Denn dann ist man wirklich Herr seiner Entscheidung und nutzt alle Ressourcen, die einem zur Verfügung stehen. Mehr kann man als Mensch nicht tun. Die Frage, ob die Entscheidung letztlich richtig oder falsch war, beurteilt sich nicht an irgendwelchen Auswirkungen in der Zukunft, die allenfalls ein übernatürliches Wesen vorhersagen könnte. Wichtig und richtig ist sie allein dann, wenn wir in dem Moment der Entscheidungsfindung unser gesamtes Potential für eine „für uns richtige“ Entscheidung genutzt haben.
Als anwaltliche Unternehmensberater werden wir laufend zu vielen, teils sehr schwerwiegenden Entscheidungsprozessen hinzugezogen. Wenn wir uns dabei auch nach dem bisherigen Entscheidungsweg und Ihrem Bauchgefühl erkundigen, wissen Sie jetzt, warum. Fachliche Argumente allein finden Sie zuhauf im Internet oder in Büchern. Diese Argumente aber mit unserer langjährigen praktischen Erfahrung zu kombinieren, speziell zu Ihrer konkreten Situation auszuwählen und so einen möglichst fundierten Ratschlag zu Ihrer individuellen Entscheidungsfindung geben zu können, ist genau der Beratungsmehrwert, den wir unseren Mandanten bieten möchten.