Unterhaltung oder Beratung?!

Was ist der Unterschied zwischen Unterhaltung und Beratung?

Absurde Frage? Ok, fangen wir etwas sanfter an:

Wann wurden Sie das letzte Mal richtig gut unterhalten? Überlegen Sie mal! Vielleicht bei der Serie eines Streaming-Dienstes, vielleicht im Theater, bei einem Fußballspiel oder von einem Bar Keeper, der effektvoll Ihren Drink gemixt hat?

Wie hat sich das angefühlt? Bei schlechter Unterhaltung vielleicht nervig oder sogar verstörend. Bei guter Unterhaltung sicher angenehm und vielleicht sogar inspirierend.

Als ich das erste Mal eine Aufführung von Shakespeares Hamlet sehen durfte, hat es meinen Horizont erweitert und die Leidenschaft für diesen alten Schriftsteller und Poeten geweckt. Noch heute verwende ich Shakespeare-Zitate bei meiner Arbeit, da sie treffend, tiefgründig und zugleich verständlich viele Bereiche unseres Lebens erklären. Meine Mandatsarbeit hatte Shakespeare aber wohl kaum im Sinn, als er vor hunderten von Jahren seine Stücke schrieb.

Beratung schließt Unterhaltung nicht aus.

Beratung (auch Consulting genannt) darf auch unterhaltsam sein. Die Zielrichtung ist aber eine andere. Und da ist es egal, über welche Beratungsform wir reden.

Da gibt es z.B. das Coaching (aus dem Englischen „coach“ für Kutsche), bei dem man sich mit Fragestellungen und methodischen Impulsen des Coachs gezielt vorwärts bewegen können soll. Es gibt Trainings, bei denen bestimmte Fähigkeiten erlernt und eingeübt werden sollen. Und dann gibt es die eigentliche Beratung, an deren Ende ein konkreter Ratschlag stehen soll, der einem die eigene Entscheidungsfindung und vielleicht sogar das eigene Tun ein Stück weit abnimmt.

Bei allem geht es darum, dem Kunden eine nachhaltige Veränderung mit einem konkreten Nutzen zu liefern.

Fünf Punkte für wirkliche Beratung.

Wichtig sind für uns daher fünf Punkte, die eine echte Beratung ausmachen:

  • Die Beratungsleistung wird bereits beim Angebot oder spätestens der Beauftragung mit einer irgendwie greifbaren Zielvorstellung zum Nutzen des Kunden verknüpft. Das ist ein wesentlicher Faktor, mit dem man natürlich gegenüber dem Kunden in Vorleistung geht, der aber seriöse Beratung nun einmal ausmacht. Und hier bitte nicht mogeln: Der Abschluss der Beratungsleistung an sich ist kein taugliches Ziel!
  • Die beteiligten Personen auf Beraterseite sind für die Beratungsleistung qualifiziert, haben also die notwendige Ausbildung und Erfahrung. Aber bitte: Zertifikate und Auszeichnungen, die man sich selbst verliehen hat, zählen nicht!
  • Das Format muss klar und für den Kunden passend sein. Immerhin ist es ein Unterschied, ob ich zwei vorgefertigte YouTube-Videos oder einen Fallschirmsprung über dem Amazonas aus einer rostigen Propellermaschine buche.
  • Die bei der Beratungsleistung angewandte Methodik muss irgendwie wissenschaftlich fundiert sein und dem Kunden zumindest in Grundzügen kommuniziert werden. Selbst das innovativste Konzepte lässt sich nicht nur auf quasi-göttliche Inspiration beziehen. Irgendeine methodische Basis (und sei es die systematische Zusammenstellung traditioneller Riten) muss dem Kunden eine eigene Bewertung über das ermöglichen, worauf er sich einlässt. So kann man sich z.B. bewusst für eine homöopathische Behandlung anstelle eines schulmedizinischen Eingriffs entscheiden – oder umgekehrt.
  • Am Ende braucht es natürlich vor allem: ein konkretes Ergebnis der Beratungsleistung! Und damit sind gerade nicht nur „berührende Eindrücke“, „Wow-Effekte“ und „Faszination“ gemeint. Das darf alles dabei sein. Es geht aber vor allem um echte Resultate, die sich an der Zielvorstellung bei der Beauftragung messen lassen müssen und die einen wirklichen Unterschied beim Kunden machen.

Das sieht bei vielen allerdings anders aus.

Immer wieder kommen Mandanten zu uns, die von Beratungsleistungen berichten, die eigentlich Unterhaltung waren.

Da ist z.B. der dreitägige Strategie-Superquest-Workshop, der sich super professionell angefühlt hat aber ohne konkretes Ergebnis abgeschlossen wird. Oder die Ausbildung zum Happiness-Imperator, die schon damit wirbt, aufgrund der Flüchtigkeit des Lebens keine methodische Grundlage zu haben. Oder etwa das nicht zum Unternehmen passende Ultraplatin-QM-System, dessen teuer eingekaufte Schulungen, Blätter und Dateien „verstauben“, während im Betriebsalltag selbst existenziell wichtige Prozesse weiter nach gut Glück ablaufen.

Die Liste könnte man noch endlos fortführen. Die einzige nachhaltige Veränderung mit konkretem Nutzen haben dabei die jeweiligen Berater aufgrund der teilweise horrenden Preise, die ihre Kunden für ein paar Dateien, Stunden oder Tage an Unterhaltung bezahlen.

Letztlich ist es eine Frage der ehrlichen Kommunikation.

Nicht wenigen Kunden scheint das punktuelle Unterhaltungsprogramm mit flüchtigen Glücksmomenten zu genügen, denn gerade „Entertainment-Berater“ boomen regelrecht. Wenn man bedenkt, dass flüchtiges Glück eine über Jahrtausende bewährte Erfolgsgrundlage von Entertainern ist, wundert einen das nur bedingt.

Man kann natürlich auch mit Unterhaltung neue Horizonte eröffnen und muss dafür nicht zwingend Shakespeare sein. Fairer Weise sollte man Unterhaltung dann aber auch als solche bezeichnen. Das ist die Aufgabe eines ehrlichen Entertainers.

Es kommt auch bei uns immer wieder vor, dass Mandanten sich mit Anliegen melden, die offensichtlich zu nichts führen. Da soll der Gegner, der seit Monaten unsere Schreiben ignoriert, noch einmal angeschrieben statt verklagt werden. Offensichtlich zerrüttete Gesellschafterkreise sollen mit einem weiteren Gesellschaftsvertragsentwurf beglückt werden, der noch konfrontativer formuliert ist. Und bei der Beratung zur Mitarbeiterbindung sollen wir bitte auf ein Unternehmensleitbild verzichten, weil daran die Frau vom Chef schon seit Jahren vergeblich arbeitet.

Bei solchen Anfragen rechne ich unseren Mandanten mitunter vor, was sie sich für unser Honorar ansonsten alles Schönes leisten könnten. Denn auch wir arbeiten zwar, um Geld zu verdienen. Für unsere Mandanten soll es aber unserer Überzeugung nach vor allem einen wirklichen Unterschied machen und einen konkreten Nutzen bringen können, wenn sie von uns beraten werden. Unser Ziel ist der nachhaltige Erfolg von Unternehmern und nicht das Erzeugen punktueller Glücksgefühle.

Wenn ein konkreter, nachhaltiger Nutzen von vornherein offensichtlich auszuschließen ist, arbeiten wir im Unterhaltungsbereich. Dann sollte aber auch der Mandant die Wahl haben, ob er nicht lieber für weniger Geld in ein richtig tolles Konzert geht.

Beratung soll bewegen.

Umso schöner ist es, wenn wir mit unserer Beratung wirklich etwas bewegen können und Mandanten uns das auch sagen. Wenn Unternehmer „durchgecoacht“ und „austrainiert“ zu uns kommen, ohne noch irgendwie weiter zu wissen – und wenn genau die dann nach den ersten Milestones unserer Beratung vor einem sitzen und verblüfft feststellen „Bei uns hat sich ja wirklich etwas verändert! Endlich!“

Auch viele andere Berater, Coaches und Trainer da draußen machen jeden Tag einen richtig guten Job und bringen ihre Kunden wirklich weiter, statt ihnen nur einige Momente inszenierter Euphorie zu schenken.

Selbst im rechtlich geschützten Berufsbild des Anwalts ist es dabei teilweise schon nicht leicht, sich mit ehrlichen Leistungsangeboten von selbsternannten Heilsbringern abzuheben. In weniger regulierten Bereichen kann dies noch deutlich schwieriger sein. Wie macht man z.B. als ehrlicher Achtsamkeits-Coach dem breiten Publikum klar, dass es die schnelle Abkürzung zur Sinnfindung nicht gibt und man viel Mut statt vieler Likes für ein wirklich achtsames Leben braucht?

Unterhaltung und Beratung haben beide ihren Wert und einen wichtigen Platz in unserer Gesellschaft. LinkedIn ist daher für mich z.B. auch nicht das Epizentrum des Endes unserer Leistungsgesellschaft, wie es in der Welt zu lesen war. Die Plattform ist eher ein besonderes Unterhaltungsangebot, das man als solches einordnen sollte. Oder wie Shakespeare es ausdrückte: „Die ganze Welt ist eine Bühne“.

Dann fällt vielleicht auch wieder auf, dass es bei New Work immer noch um Work und nicht um Selbstinszenierung geht. Digitaler Jubel dafür, dass man sein Lieblingstier (egal ob Katze, Hund, Python oder Pferd) mit ins Büro und zum Kundentermin nehmen möchte, ist ok. Die Vorstellung, dass das jeder macht und sich der Alltag in einen allgegenwärtigen Zoo verwandelt, finde ich sogar ziemlich witzig. Daraus sollte man als seriöser Berater aber gerade nicht die Erwartungshaltung und Forderung befeuern, dass jeder Chef und Kunde dem mit Selbstverständlichkeit zustimmen muss.

Klare Ansagen, bitte!

„Let me entertain you“ hat Robbie Williams schon vor vielen Jahren gesungen.

Eine klare Ansage, die für manchen Guru-Pionier-Imperator-Wow-Choach da draußen vielleicht auch einmal etwas wäre. Das kann hart fürs eigene Ego sein, ist aber fair gegenüber den Kunden.

Nur mal so als Impuls.

Beachten Sie bitte, dass der vorliegende Beitrag lediglich eine allgemeine Information nach den Ansichten des jeweiligen Verfassers wiedergibt, die weder vollständig noch richtig sein muss.

Für eine individuelle Beratung, auf die Sie sich verlassen können, nehmen Sie Kontakt mit uns auf!